Aus der Geschichte des Schütenverein Eichenlaub 1920 Twis-Bült e.V.

Die Geschichte des Schützenverein Eichenlaub 1920 Twist-Bült e.V. ist die Geschichte der ältesten Schützenorganisation in der Gemeinde Twist. Zwar finden nach dem Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) die Gründungen zahlreicher Vereine in den Dörfern des Emslandes statt z.B. auch für das Gebiet des heutigen Twist im Jahre 1921 in Schöninghsdorf sowie 1922 in Rühlertwist und in Hebelermeer. Der Schützenverein Eichenlaub Twist aber kann mit Stolz darauf hinweisen, daß es eben schon 1919/20 entstanden ist, auch wenn die Zeitumstände überall vergleichbar waren.

Die Gründungszeit

Im Herbst 1918 waren die Soldaten des kaiserlichen deutschen Heeres mit ihren Truppenteilen geordnet in die Heimat zurück gekehrt. Deutschland hatte den vierjährigen Weltkrieg militärisch verloren. Der Kaiser dankte ab und ging nach Holland ins Exil. In Berlin und anderswo kam es zu politischen Kämpfen um die Macht in der nach dem verlorenen Krieg so plötzlich entstandenen Republik. Das waren Bewegungen, die durchaus auch im fernen Emsland, an der Westgrenze der preußischen Provinz Hannover und des Deutschen Reiches zu spüren waren. Radikal im politischen Sinne waren allerdings die wenigsten Emsländer, weder nach links noch nach rechts. Republikaner und als kirchenverbundene Katholiken Anhänger des Zentrums waren die meisten. Der eine oder andere mochte auch als Deutschnationaler gelten. Das Verständnis für diese verbreitete pilitisch-republikanische Tendenz ist wichtig mit Blick auf die Gründung von ausdrücklichen neuen Vereinen des Schützenwesens. Bis 1914 hatte es auch in Twist -wie überall im kaiserlichen Deutschland- einen "Kriegerverein" gegeben. Über die Geschichte dieses Vereins ist so gut wie nichts bekannt. Er dürfte in den 1890er Jahren gegründet worden sein. Schriftlich liegen keine Quellen vor; noch lebende Mitglieder bzw. Menschen, welche die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bewußt erlebt haben, können nicht mehr befragt werden. Überliefert hat sich allerdings ein ausdrücklich für den "Kriegsverein Twist" geprägtes Abzeichen in der verkleinerten typischen Form eines Verdienstkreuzes.

Getragen hat dieses Abzeichen Hermann Roling aus Hesepertwist (1187 - 1954). Er hatte in den Jahren 1908 bis 1910 seinen Militärdienst beim Infrantieregiment "Herzog Friedrich von Braunschweig" in Aurich abgeleistet- Offenbar ist er sofort danach dem Kriegerverein Twist beigetreten, wie das von jeden Reservisten im Kaiserreich erwartet wurde. Vier Jahre später mußte er als aktiver Soldat 1914 bis1918 in einen "richtigen" Krieg ziehen. Danach hatten er und andere Twister vom "Soldatischen" genug. Von weiterer Tätigkeit eines Kriegervereins in Twist in den 1920er Jahren und später ist nichts überliefert. Die Erinnerung an den untergegangenen Kriegerverein Twist ist insofern wichtig, als in den Jahren 1919/20 der Schützenverein Eichenlaub wohl an dessen Stelle trat. In so mancher Gemeinde -auch des Emslandes- wurde noch Jahre nach dem Ersten Weltkrieg ein Kriegervereins-Schützenfest gefeiert. Hier war die Tradition der Kriegervereine aus den Jahren des Kaiserreiches zwischen 1871 und 1914 nahtlos in die weitere Entwicklung des Schützenwesens übergegangen.

Nicht so in Twist. Hier entstand ein zwar überwiegend von heimgekehrten Frontsoldaten gegründeter, aber ein dennoch eher "ziviler" neuer Schützenverein -eben der Verein "Eichenlaub" Twist ! Dies mag als Beweis gelten, daß die meisten Twister vom nationalen Pathos, das mit militaritischen Traditionsverein verbunden war, nicht mehr allzu viel "wissen wollten. Auch wenn das Motto der Fahne des neugegründeten Schützenvereins mit dem Motto "Üb`Aug und Hand / fürs Vaterland" das Militärische durchaus noch anklingen lies.

Rückblick auf Schützengeschichte

Wie sah es nun mit den Schützentraditionen in den linksemsischen Moorkolonien aus ? -In den von Befestigungen umgebenen Städten des Mittelalters- davon gabe es im Emsland nur drei; Haselünne, Meppen und Lingen -hat das regionale Schützenwesen seine älteste Geschichte. Hier gehörte die Verteidigung des Gemeinwesens im Kriegsfall zu den Bürgerpflichten. Dafür mußten auf dem Rathaus oder zuhause Waffen bereitgehalten werden, für den Verteidigungsfall wurde damit regelmäßig geübt. Die Schützen in den Städten verweisen daher auf die eindrucksvollen Jahreszahlen ihrer Gründingsdaten, die mehr als fünfhundert oder sechshundert Jahre zurückliegen.

Geschichtlich jünger stellt sich die Situation in den Dörfern des Emslandes dar. Erst mit dem Aufkommen des absoluten Staates nach dem Dreißigjährigen Krieg kümmerte sich dieser mehr um die Landesverteidigung. So verfügte  der Osnabrüker Fürstbischof Franz Wilhelm zu Wartenberg (1648 - 1661): "Damit die Untertanen am Schießen erprobt bleiben und Sitte und Brauchtum der Väter wieder zu Ehren kommen, muß in jeden Dorfe alljährlich zwischen Ostern und Jakobi (25 Juli) ein Herrenvogel oder ein freier Vogel geschossen werden". Hier wird deutlich, daß das "Vogelschießen" schon in den Zeiten davor zu den Übungen (oder Vergnügungen) auf dem flachen gehörte, auch wenn nicht immer ein organisiertes Schützenwesen gegeben war. Im Gegenteil, was häufig vergessen wird: Das Schießen auf einen bunten Vogel auf der Stange gehört über zweieinhalbtausend Jahre und länger zu den überall in Europa betriebenen Volksbelustigungen! Ein "Vogelberg" oder ein ebener Platz mit der Vogelstange fand sich am Rande vieler Dörfer auch in Westfalen, und zwar als ausdrücklicher Ort des Vergnügens für eine Dorfgesellschaft, die mit den Hand - und Spanndiensten nicht nur gemeinsam arbeitete, sonder die auch gemeinsam feierte. edikte zu Volksbewaffnung und Schießübungen gab es im 17. und 18. Jahrhundert auch im Fürstentum Münster. In jedem Kirchenspiel befaßte sich etwa noch um 1780 extra eine beamtete Person der sogenannte "Führer", mit der militärischen Grundausbildung der männlichen Dorfbevölkerung. Wie intensiv das geschah und welchen Erfolg das Ganze hatte, sei dahungestellt. Im übergreifenden militärischen Sinne kam wenig dabei raus. Die Herscher verließen sich doch lieber aud ihre stehenden Heere. Die Aufgebote der Kirchspiele wurden allerdings von Fall zu Fall für "Jagden" auf gesuchte Verbrecher, auf Landstreicher und "Zigeuner" eingestzt -ein Kapitel für sich!

Wir können feststellen, daß die geschilderten Zustände mit den in den Jahren 1784/1788 gegründeten Kolonien Hesepertwist und Rühlertwist draußen im Moor an der holländischen Grenze nur wenig zu tun hatten. Als die Gründung der Moordörfer erfolgte, war die alte Herrschaft des Fürstbischofs von Münster bald am Ende (1803). Die neuen ärmlichen Kolonien wurden noch bis etwa 1820 vom Bürgermeister des alten Kirchspiels Hespe mitverwaltet. Danach kam es zu mehr Selbständigkeit, doch an ein Schützenwesen oder ähnliches war jetzt im Königreich Hannover (1815 - 1866) in den jungen Landgemeinden weitab im Moor nicht zu denken. Die Kolonisten dort hatten andere Sorgen, und die traditionellen Aufgaben einer "Schützengilde" gab es ja im modernen Staat des 19. Jahrhunderts nicht mehr.

In der Zeit, als Twist zum Königreich Preußen gehörte (1866 - 1918), tauchten nach dem Deutsch.Französischen Krieg von 1870/71, im Emsland zumeist aber erst in den 190er Jahren, die bereits erwähnten Kriegervereine in den Dörfern auf. Diese nahmen nur "Gediente" als Mitglieder, also Männer, die ihren Wehrdienst abgeleistet hatten. Besonders gefeiert wurde von den ehemaligen Soldaten der "Tag von Sedan", die Erinnerung an den 1. September 1870, als Napoleon III., Kaiser der Franzosen, in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war. An diesem "Feiertag" sah man die Mitglieder der Kriegervereine durch die Orte marschieren, es wurde auf Scheiben geschossen, ein Kommers veranstaltet usw. Mancherorts liefen auch Männer, und zwar jung und alt, bei organisierten Kriegsspielen in der Landschaft umher, wie das z.B. mündlich aus Rütenbrock berichtet wird. 

 

Streit ums erste Schützenfest

Bemühungen um die Durchführung eines Schützenfestes hatte es in Twist bereits im ersten Friedensjahr nach dem ersten Weltkrieg, in 1919, gegeben. Doch schon da zeigte sich aus heute nicht mehr nachvollziehenden Gründen der Widerstand des Twister Pfarrers Theodor Benninghaus gegen ein solches Fest. Mochten es Befürchtungen über unmäßigen Alkoholgenuß sein, vielleicht waren auch die Aktiven der ersten Stunde, die sich als heimgekehrte Frontsoldaten so leicht nichts mehr  sagen ließen, der persönliche Streitanlaß -auf jeden Fall war der pastor gegen ein Schützenfest, und es fand nicht statt! Seine Meinung hatte Pfarrer Benninghaus, der selbst ein passonierter Jäger war, auch im nächsten Jahr nicht geändert. Doch diesmal ließen sich die Männer aus den Nachbargemeinden Hesepertwist, Adorf und Neuringe (alle drei gehörten zur kath. Pfarrei St. Georg Twist) nicht entmutigen. Das Jahr 1920 wird als  Gründungsjahr des Schützenvereins "Eichenlaub" genannt, obwohl nicht auszuschließen ist, daß die formlose Gründung unter diesen Namen bereits im Vorjahr erfolgt war. Der Name  ist jedenfalls zu erklären aus der Tatsache, daß sich hier Mitglieder aus drei verschiedenen politischen Gemeinden zusammenfanden. Man konnte deshalb keinen Ortsnamen aufgreifen. Wie berichtet wird, habe man an einem herrlichen Sommertag auf dem Hof Koers-Elsken in Hesepertwist unter grünen Eichen vereint gesessen und einen neutralen Namen des neuen Vereins hin und her überlegt. Gerhard Wehkamp (1868 - 1962) war es schließlich, der den Vorschlag brachte: Wir  sitzen hier so gemütlich unter Eichen, laßt uns doch den Namen "Eichenlaub" nehmen! Der Schützenverein "Eichenlaub" war geboren!

 

"Eichenlaub" setzt sich durch

Das grüne Eichenlaub gehört zu den traditionellen Symbolen der Schützen seit undenklichen Zeiten. Wie in der Antike der Lorbeerkranz, so wurde dem siegreichen Schützen und Krieger bei den alten Deutschen ein ehrenvoller Eichenkranz geflochten. Der bekannte preußische Kriegsorden des "Eisernen Kreuzes" von 1813 (erneut gestiftet 1870 sowie 1914 und 1939 zu den Wletkriegen) zeigt daher auch Eichenlaub. Es ist das Symbol, welches das oben erwähnte Abzeichen des Kriegervereins Twist um 1900 in gleicher Form aufgreift.

Nun hatte man also einen Namen, aber noch kein Schützenfest! Die Männer von "Eichenlaub" gingen munter an die Vorbereitung dazu. Ort des Festes sollte -wie auch bei "Eichenlaub" heute noch - ein Gelände an der heutigen Georgstraße sein. Der Tanzboden de kleinen Festzeltes war bereits aufgebaut, als sich die Behörde von Amts wegen einschaltete! Pfarrer Theodor Benninghaus war nähmlich immer noch gegen ein Fest de neuen Vereins, und er hatte sich seiner offenbar guten Verbindungen zum Landrat Behnes in Meppen bedient. Der jedenfalls ließ die Veranstaltung polizeilich verbieten; wir wären gespannt, mit welcher Begründung, doch ist diese in Twist nicht mehr bekannt. Vermutlich ging es um öffentliche Ordnung und Sicherheit usw. usw.

Auf jeden Fall wurde dem Verbot des Landrats massiv Nachdruck verschafft: In der Gaststube bei Roosken an der Kirche saßen, wie erzählt wird, sechs Gendarmen. das erste Schützenfest auf dem Twist durfte nicht stattfinden! Zwar tanzten einige Paare ohne Tanzgeld noch demontrativ auf dem Tanzboden, zwar wurde noch ein spontaner Schützenumzug begonnen, doch das Auge des Gesetzes wachte darüber, daß nichts seinen ordentlichen Gang nahm. Wie Augenzeugen berichten, die den aufregenden Vorgang mit staunenden Kinderaugen beobachteten, war es Gendarm Mertens in Uniform und mit Säbel, der den Umzug stoppte. Er verwies die Teilnehmer auf das Verbot des Landrats. Es gab einen wütenden Wortwechsel, aber letztlich mußte die Anordnung der Behörde hingenommen werden.

Die Mitglieder des so jung begündeten Schützenvereins "Eichenlaub" waren verständlicherweise sehr erregt über das Scheitern ihres ersten Schützenfestes auf dem Twist. In dieser Situation meldete sich der Adorfer Gastwirt Gerd Janning zu Wort. Er erinnerte daran, daß der Meppener Landrat Behnes nur auf dem Twist etwas zu sagen hatte. Adorf dagegen, woher ja etliche Mitglieder von "Eichenlaub" kamen, lag auf dem Gebiet des Landkreise Grafschaft Bentheim. Man brauchte also nur beim Hilfsamt dieses Kreises in Neuenhaus einen Antrag auf Genehmigung des Festes stellen und schon sähe die Sache ganz anders aus. Und so machte es der junge Verein bzw. sein erster Vorsitzender, der ja als Gastwirt Erfahrungen damit hatte.

Tatsächlich machte die Grafschafter Behörde keinerlei Schwierigkeiten. Und so kam es, daß bereits am Sonntag nach dem mißglücktem Twister Vorhaben die "Eichenlaub" Schützen durch Adorf maschierten. Dort stand diesmal das kleine Festzelt auf dem Grunddstück Jansen-Vahrenhorst. Bei Musik und ordentlichem Tanz wurde jetzt der Geselligkeit Genüge getan. Mit den Getränken allerdings gab es Probleme; diese konnten wegen der Kürze der Zeit nicht in größeren Mengen beschafft werden. das soll aber der Festfreude keinen Abbruch getan haben. Unter dem Jubel der Versammlung wurde Josef Bollmer zum ersten Schützenkönig gewählt (nicht ausgeschossen). Zur Königin erkor er sich Grete Rakers.

 

Der Traditionsverein

Die Tatsache, daß das erste "Eichenlaub" -Schützenfest aus den geschilderten Gründen in Adorf statfand, nimmt heute der Nachbarschützenverein Adorf zum Anlaß, seine Gründung ebenfalls auf das Jahr 1920 zurückzuführen. tatsächlich trennten sich die Mitglieder aus Adorf einige Jahre nach Gründung (spätestens wohl 1925) vom Verein "Eichenlaub" und formierten einen eigenen Schützenverein. Die Frage nach dem ältesten Dorfverein im Gebiet der heutigen Gemeinde Twist ist damit nicht so ganz einfach zu beantworten. Nimmt man aber den Namen "Eichenlaub", damit ist das ganze eindeutig: Dieser wird seit 1920 geführt, und zwar zunächst ohne Begrenzung auf eine politische Gemeinde: Weder für Hesepertwist, Adorf und Neuringe gab es 1920 einen örtlichen Schützenverein. Die ersten Schützenfeste werden in Adorf gefeiert, was am Ort auch so etwas wie eine Tradition begündet, ein eigener Verein im Dorf kommt später, wie es dann 1958 auch für Neuringe geschah.

vergleicht man die Entwicklung auf dem Gebiet des heutigen Twist in allenen Bereichen, so waren die beiden Trennungen vom Verein "Eichenlaub" in den Jahren ca. 1925 und dann in 1958 nur konsequent. Es setzte sich eben in jeder der alten Gemeinden (Adorf, Hesepertwist, Neuringe) ein eigenständiger Schützenverein durch. Von weiteren Vereinen für die in späteren Jahrzehnten aufwachsenden Ortsteile nicht zu reden: "St. Hubertus 1954" in Twist-Siedlung, "I Kompanie" 1966 im Wohngebiet rund um den Schwarzen Weg. -Geblieben ist vom Ursprung her der Schützenverein "Eichenlaub", der sich ber der Anschaffung der neuen Fahne (1957) dann auch von sich aus auf die Gemeinde Hesepertwist beschränkte; jedenfalles nennt die Inschrift der fahne allein diesen Ort.

Schon nach dem dritten Schützenfest des Vereins "Eichenlaub" im Jahre 1922 (wieder in Adorf) kommt es zwischen den Mitgliedern aus Hesepertwist und aus Adorf zum Streit. Den Hesepertwistern paßt der Austragungsort des Schützenfestes in Adorf nicht mehr. Vielleicht hat sich auch die Einstellung des Twister Pastor gegeüber dem Schützenverein inzwischen geändert. Wie dem auch sei, die Adorfer betrachten das Fest inzwischen als "ihre" Domäne; die Mehrzahl der Vereinsmitglieder kommt aber aus Hesepertwist und möchte das Fest daher auch in dieser Gemeinde sehen. Zwar wird noch als Kompromiß erwogen, das Schützenfest einmal hier und dort stattfinden zu lassen. Doch die Gegensätze sind nicht mehr zu überbrücken, es kommt zur oben beschriebenen Trennung, wobei das genaue Jahr (1925 ?) nicht mehr zu ermitteln ist.